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Praxis - Gebührenbemessung: Rechtsanwalt hat Spielraum von 20 %

In einem Verfahren hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass einem Rechtsanwalt bei Rahmengebühren im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG, zu denen die Geschäftsgebühr im Sinne der Nr. 2300 VV RVG zählt, ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 % zusteht (Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 273/11 / im Anschluss an BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603).

Der Fall
In einer Unfallsache hatte der Rechtsanwalt des Unfallopfers eine Gebühr von 1,5 Prozent nach Nr. 2300 VV RVG für außergerichtliche Anwaltskosten berechnet. In einem Berufungsprozess wurde dem Unfallgeschädigten jedoch nur ein Teil dieser Kosten, nämlich 1,3 Prozent, als Erstattung zuerkannt. Denn das Oberlandesgericht war der Auffassung, die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers berechnete Gebühr sei unbillig. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hielt der revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.

Das Urteil
Der BGH vertrat die Auffassung, dass die vom Berufungsgericht und anderen Oberlandesgerichten (vgl. OLG Jena, OLGR 2006, 81, 82 und OLG Celle, ZfS 2012, 105, 106) geäußerten Bedenken keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung gäben. Der Ermessensspielraum, der einem Rechtsanwalt bei der Bestimmung der Gebühr zusteht, ist gesetzlich geregelt (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG) und wird – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht dadurch nach oben begrenzt, dass die Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG bei nicht umfangreichen oder schwierigen Sachen eine Regelgebühr von 1,3 vorsieht.

Beim Ermessensspielraum spiele nämlich auch die mitunter diffizile Beurteilung der Frage, was im Einzelfall "durchschnittlich" ist, eine Rolle. Sofern keinerlei Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch gegeben sind, sei die Bestimmung hinzunehmen. Wenn der Rechtsanwalt – wie das Berufungsgericht meint – bei jeder minimalen Überschreitung der Regelgebühr jedes Mal Umstände darlegen müsste, welche die Annahme einer überdurchschnittlichen Tätigkeit zwingend rechtfertigen, käme bei durchschnittlichen Tätigkeiten ein Ermessensspielraum nach oben von vornherein nicht in Betracht.

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